Vergleich LR Baggs Element zum Carlos Juan CP-1A VIP

Wie beschreibt man Pickup´s? Ich will jetzt nicht mit Messgeräten den Frequenzgang darstellen. Ich will meine Subjektive Erfahrung in meiner bekannten Umgebung aufzeigen: mit der PA unserer Band und den Monitoren an meinem Computer. Im Proberaum und bei Auftritten mit der Band. Ich habe direkt ins Mischpult gespielt, über den LR Baggs Venue DI ins Mischpult und (mein live Setup) über den Kemper Profiler mit deaktivierter Amp- EQ- und Boxen-Sektion.

Und es gibt für mich, mit sehr großem Abstand, einen klaren Sieger.

 

LR Baggs Element

In meiner Martin D35 war ein LR Baggs Element bestückt als ich sie gekauft habe. Der Klang war gar nicht mal so schlecht, aber was mir sehr schnell auffiel war, dass dieser Pickup zum einen stark komprimiert (auf der Webseite wird mit „unfassbarer Dynamik“ geworben) und dass ich um manche Töne kämpfen muß. Wenn ich z.B. Saiten abgedämpft spielte, dann kam nichts raus aus dem Pickup. Wenn ich einen leisen Song spielte klang das nicht soft und leise. Und wenn ich mal ein lauteres Solo spielte klang es hart und scharf. Ohne EQ hat dieser Pickup viel Bässe (in meiner Martin einen richtigen boost bei ca. 150Hz) und viele, etwas metallische Höhen. Und so hatte ich Probleme diesen Grundsound in den Griff zu kriegen. Vor allem die Bassüberhöhung machte mir das Leben schwer und verursachte Feedbacks. Mit einem einfachen Bassregler begrenzt war der Klang dann relativ dünn. Letzten Endes kaufte ich mir einen LR Baggs Venue DI Preamp der mit seinen Parametrischem EQ alle Möglichkeiten bot. Aber ich drehte ständig am EQ. Irgendwie nie zufrieden. Dazu kam noch, dass die Saitenbalance nicht perfekt war: die A,D und G Saiten waren deutlich leiser als der Rest, der Pickup wurde jedoch bei Musik Bertram in Freiburg von einem sehr erfahrenen Techniker eingebaut. Keine Ahnung ob man da noch was hätte verbessern könnte.

Zusammenfassend muss ich sagen, dass der Element sicherlich kein schlechter Pickup ist. Aber für einen fortgeschrittenen Gitarristen, der Wert auf Ausdruck legt, der verschiedene Klangfarben und Techniken rüberbringen will, ist er nicht wirklich ausreichend. Er kostet aktuell 199€.

Carlos Juan CP-1A VIP

Carlos erklärte mir, dass der CP-1A VIP einen sehr „schnellen“ Preamp hat. Wie ein Ferrari. Technisch gesehen heißt das, dass er eine sehr hohe Bandbreite haben muss. Und so ist der Grundsound ebenfalls sehr brillant. Jedes Sirren der Stahlsaiten wird wiedergegeben, als ob man ein Ohr direkt über die Saiten hält (die D35 hat mit den Martin Lifespan SP Saiten sehr brillante Höhen und knackige Bässe). Aber die Höhen klingen nicht „fies“ oder „böse“, viel natürlicher als beim Element. Der Bassbereich ist deutlich schlanker. Es gibt keine Frequenzüberhöhungen, eher ein leichtes, gleichmäßiges Abfallen der Frequenzen zum Tieftonbereich hin. Carlos hat den Mittenregler des Preamp auf ca. 80% eingestellt und so steht er heute noch. Der output des Preamp ist mit Carlos Einstellung  ziemlich hoch, am Venue DI musste ich das Gain sehr niedrig stellen. Das Grundrauschen dabei ist jedoch Null. Nix. Perfekt!

(Ganz im Gegensatz zum Schattendesign HFN den ich auch mal in diese Gitarre gebaut hatte. Der hatte ein extrem kleines Ausgangssignal das ziemlich rauschte wenn ich es auf einen vergleichbaren Pegel zum LR Baggs Element eingestellt hatte. Dazu war er so Feedback empfindlich, dass ich im Proberaum nicht damit spielen konnte). Dieser Grundsound lässt sich, egal ob direkt am Mischpult oder mit dem Venue DI, sehr einfach anpassen: etwas Höhen raus, Bässe rein: fertig! Die Feedback Empfindlichkeit ist deutlich besser als beim Element. Der gravierendste Unterschied, der vor allem dem Gitarristen auffällt: keine Kompression! Man kann leise spielen und es klingt leise. Abgedämpfte Töne kommen genau so aus dem Lautsprecher wie aus der Gitarre. Alles ist musikalischer, was mir sofort an einer entspannteren Spielweise auffiel.

Er kostet aktuell 299€

 

Resümee: zusammen mit dem perfekten Einbau von Carlos persönlich klingt der CP-1A VIP hervorragend, ist extrem Feedback unempfindlich, sehr sensibel ohne zu komprimieren, musikalisch. Er schafft die Grundlage für ein Ausdrucksstarkes spielen. Ganz klare Empfehlung für alle Gitarristen denen der näselnde Sound von Magnetischen Pickups nicht gefällt (so wie mir) und für die ein Mikrofon wegen der Feedback Anfälligkeit nicht in Frage kommt. Es hat schon seinen Grund, wenn Größen wie Eric Clapton, Carlos Santana, David und Mark Knopfler, Al Di Meola usw. usw. einen Carlos Juan Pickup spielen. Für mich ist das große Rätsel nur, warum er immer noch als „Geheimtip“ gehandelt wird. Warum die großen Händler wie Thomann diesen Pickup nicht verkaufen. Warum Marken wie Martin nicht eine Eric Clapton Signature Gitarre mit dem Carlos Juan „Eric“ Tonabnehmer auf den Markt bringen.

Also Leute, schickt Carlos eure Gitarren oder fahrt am besten selber nach Stuttgart. Es ist auf jeden Fall ein Erlebnis Carlos kennen zu lernen und ihm bei der Arbeit zuzuschauen. Und ganz nebenbei wir eure Gitarre auch noch optimal eingestellt.

 

http://carlosjuan.eu

 

 

Ich habe auch einen blog Artikel über Carlos geschrieben.

Wen es interessiert:

 

Mein Zusammentreffen mit Carlos Juan

 

Als ich bei Musik Bertram war um meine Martin D35

abzuholen und erfolglos den M80 Pickup probiert hatte (der übrigens aktuell 360€

kostet) sagte der Tom Müller zu mir: wenn du einen Pickup willst der WIRKLICH

besser ist als den LR Baggs Element (der bei mir drin war), dann musst du einen

Carlos einbauen lassen. Und er sagte noch, er habe selber einen in seiner Gitarre. Carlos? Hatte ich noch nie gehört. Zu Hause mal kurz gegoogelt was das denn ist und wurde auch fündig: Carlos Juan, Pickups und Verstärker. Ich sah da sehr edle Sachen. Z.B. einen High End Pickup in tollem Holzgehäuse für 790€ oder gar die black box Edition für 1100€ .

O.k. achte ich, nix für mich.

Und ich machte mich weiter auf die Suche nach einem geeigneten Pickup. Probierte einen Schattendesign HFN (hat in der Martin überhaupt nicht funktioniert), las zahllose Tests und durchforstete alle möglichen Foren und Youtube Videos. Und irgendwann landete ich wieder auf der Webseite von Carlos Juan. Und als ich mich da etwas genauer umsah staunte ich nicht schlecht: die Kunden von Carlos lesen sich wie das who is who der berühmten Musiker. Ich finde Fotos von Carlos mit seinem Freund Gary Moore, mit Carlos Santana und David Knopfler. Für Eric Clapton hat Carlos eine Sonderedition gebaut, weil er in einigen seiner Akustik Gitarren diese Pickups einsetzt. Brian Adams, Mark Knopfler, Joe Bonamassa, Al Di Meola, John MacLaughlin und viele Größen aus dem Jazz und Flamenco Bereich. Puh.

Ich sehe ein kurzes Video mit David Knopfler, wo er richtiggehend schwärmt von diesen Pickups. Und dann sagt er, dass die in Deutschland gebaut werden! Was? Ich schau auf der komplett in Englisch gehaltenen Webseite nach entdecke dass die Firma in Stuttgart sitzt! Und dann das allerbeste: sie haben auch einen Pickup, bei dem der Vorverstärker nicht so aufwendig in ein edles Holzgehäuse gebaut ist sondern im Endpingehäuse, wodurch er natürlich deutlich weniger kostet!

 

Dienstag 5.5.2015 8.15Uhr: ich schreibe eine Mail an Carlos Juan. Ich habe einige Fragen: haben alle Pickups den gleichen Sensor? Sind die Vorverstärker technisch gleich? Passt der zu meinem Musikstil und zur Martin?

Zehn Minuten später kommt schon die Antwort von Carlos persönlich: ich soll doch unbedingt anrufen. Er erklärt mir alles, schreiben unmöglich: „Pls call me , jetzt oder bis 10.oo anytime“.

 

Ich rufe also an.

 

Es wird abgenommen mit den Worten: Hallo Wolfgang, ich wusste genau dass du jetzt anrufst! Und dann erklärt mir Carlos den Unterschied der Vorverstärker und siehe da, der CP-1A VIP ist genau der richtige für mich! Carlos schafft es, mich in kürzester Zeit zu überzeugen und ich sage schließlich: o.k. Carlos, in zwei Wochen habe ich ein Konzert und danach komme ich zu dir nach Stuttgart!

 

Darauf er: „Wolfgang……warum willst du so lange leiden?“

 

Samstag 9.5.2015 8.45Uhr: ich sitze im Auto und fahre zu Carlos.

 

Ich parke mein Auto, schnapp die Gitarre und gehe über die Straße da ruft es: Hallo Wolfgang! Carlos kommt genau in diesem Moment daher und wir begrüßen uns als ob wir uns schon Jahre kennen. Vor seinem Laden sitzt ein älterer Herr und liest Zeitung, Carlos begrüßt ihn und stellt uns vor. Er ist Rentner und kommt jeden Samstag um elf. Wir gehen rein, setzten uns im Showroom auf das gemütliche Sofa, der Rentner macht uns einen Kaffee, Carlos raucht eine Zigarillo und wir reden erst mal. Carlos schnappt sich meine Martin und staunt: spielst du so Gitarre? Er meint die recht hohe Saitenlage…und sagt: also das machen wir nachher besser! Dann kommt noch ein älterer Herr, ebenfalls Rentner. Er kommt auch jeden Samstag und hilft Carlos beim Umbau meiner Gitarre. Carlos arbeitet flott an der Martin. Da wird gebohrt und gefräst, der Steg in einem speziellen Halter perfekt im Winkel geschliffen (das ist wichtig, sagt Carlos) und dann passt er noch ein Carbonstreifen an den Steg an und klebt in unten fest: ich sehe, dass jeder Handgriff sitzt. Ich kann schier spüren dass Carlos genau das richtige tut. Genau weiß, wie er aus diese Gitarre das Optimum rausholt. Er ist fertig, geht in den Laden wo eine kleine PA steht, stöpselt meine Gitarre ein und fängt an zu spielen. Ich denke nur: Phantastisch, hör blos nicht auf! Er ist ja nebenbei Profi Gitarrist und ganz ehrlich, meine D35 von Carlos gespielt klingt wunderschön!

Das war’s.

Wirklich schade dass Carlos so weit weg ist. Ihm würde ich alle meine Gitarren ringen und ich weiß, dass er daraus das Beste holen würde das möglich ist.

Abends fahre ich in den Proberaum und stöpsle meine Gitarre ein. Kurz darauf bin ich hin und weg. Begeistert. Ja, das ist es.

Das ist mein Pickup.

Und es geht hier nicht nur um den Klang, der mit zwei kurzen Drehern am Mischpult steht. Es geht hier vor allem auch darum wie er auf mein Spielen reagiert. Wie er alles was ich mache perfekt in Scene setzt. Wie er leise klingt wenn ich leise spiele. Wie er auch abgedämpfte Saiten genauso überträgt wie ich das will und wie der LR Baggs Element das nie gemacht hat. Bei dem ich um Töne kämpfen musste. Der sehr komprimierte. Der oft „böse“ klang.

Resümee: Allein Carlos kenne zu lernen, diesen fantastischen Entwickler, Gitarrenbauer, Gitarrentechniker und Musiker, war die Reise wert. Und ich habe nun endlich „meinen“ Pickup gefunden. Danke, Carlos.

Klare Empfehlung an alle Gitarristen: bringt eure Gitarren zu Carlos!